Zeitmanagement und Arbeitszeitflexibilisierung im Dienstleistungsbetrieb
Autor: Alexander Keller Seminarleiter: Prof. Beyer SS 2002 Hauptstudium
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Zeitmanagement und Arbeitszeitflexibilisierung im Dienstleistungsbetrieb

1.Grundlagen

A) Arbeitszeitflexibilisierung :
"Oberbegriff für alle Formen der Arbeitszeitgestaltung mit veränderlicher Dauer (Länge) und Lage (Anordnung) der Arbeitszeit". Heute arbeiten über 80 Prozent aller Beschäftigten flexibel. Doch sind dies wirklich flexible Zustände?
    B) Dienstleistung :
    Dienstleistungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind, deren Ziel es ist, beim Kunden Nutzen zu stiften
    Qualität = subjektive Erwartung des Kunden; Zeit wichtiger Einflussfaktor.

    C) Arbeitszeitflexibilisierung im Dienstleistungsbetrieb Zahlen und Fakten:
    Knapp 60 Prozent der Dienstleistungsbetriebe arbeiten flexibel:
    Häufig: - flexible Wochenarbeitszeit und Gleitzeit mit Kernzeit
    Selten: - Lebensarbeitszeit und Telearbeit
    Haupthindernis: betriebliche Gründe.






2. Probleme bei starren Arbeitszeiten im Dienstleistungsbetrieb

3. Innovatives Zeitmanagement in Dienstleistungsbetrieben

A) Kennzeichen für innovatives Zeitmanagement allgemein:
Komplexitätsreduktion – Flexibilitätsorientierung – Integrationsorientierung
B) Umsetzung im Dienstleistungsbetrieb:
(1.) Erwartungen der Kunden erkennen
(2.) Mit den Wünschen der Mitarbeiter abstimmen (gegebenenfalls Organisation umstrukturieren)
ð Kosten einsparungen. Zusätzliche Einsparungen durch optimale Ressourcenverwendung (z.B. durch Telearbeit und Desk Sharing).


zu (2): Mitarbeiterorientierung ; Mitarbeiterzufriedenheit = Kundenzufriedenheit
"Der Weg zur Kundenzufriedenheit führt notwendig über die Mitarbeiterzufriedenheit."
C) Ergebnisorientierung anstatt Verfügbarkeitsorientierung

Viele Arbeitszeitregelungen folgen dem Konzept der Verfügbarkeitsorientierung. "Management by Kasperletheater" (Seid ihr alle da?) nicht dem der Ergebnisorientierung: "Arbeitszeit ist die Zeit, die der Arbeitnehmer für die Erledigung der vereinbarten Arbeitsaufgaben benötigt."

Ergebnisorientierung durch die beiden Stellschrauben:

  • Leistungserbringung
  • Arbeitszeitausgleich
  • Wenn Leistungserbringung Vorrang hat, Gruppenarbeit und Eigenverantwortlichkeit gefördert werden, kann Ergebnisorientierung erreicht werden.


    4. Aktuelle Trends der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung in Dienstleistungsbetrieben

    A) Einführungsphase : Viele Widerstände gegen Arbeitszeitflexibilisierung, deshalb wichtig:


      B) Arbeitszeitkonten :
      "Ein Zeitkonto ist ein Mitarbeiterkonto, auf dem Abweichungen der tatsächlichen Arbeitszeit von der Vertragsarbeitszeit mit dem Ziel saldiert werden, diese nach jeweils festzulegenden Regeln fortlaufend zurückzuführen."
      Z. B. : Gleitzeit, Jahresarbeitzeit oder Lebensarbeitszeit
      Problem: Überlaufen der Zeitkonten aufgrund falscher Anreize ð keine Ergebnisorientierung

      Für die Gestaltung von Zeitkonten empfiehlt sich:

      Z.B. Ampelkonten als Steuerinstrument Das Ampelkonto ist ein Zeitkonto, das Abweichungen von der Vertragsarbeitszeit übersichtlich darstellt und steuert. Im einem zu definierenden Toleranzbereich (Grünphase) steuert der Mitarbeiter seine Arbeitszeit eigenverantwortlich. Im Falle einer Abweichung (Gelbphase) geht ein Teil dieser Eigenverantwortlichkeit verloren (Abstimmungsbedarf). Sollte der Saldo weiter Abweichen (Rotphase), obliegt die Disposition der Arbeitszeit der Führungskraft (Vereinbarung zur konsequenten Rückführung, eventuell Umstrukturierung).

      Z. B.

      Rot +60 Stunden
      Gelb +30 Stunden
      Abweichung von der
      Vertragsarbeitszeit



      Abb. 5: Arbeitzeitsteuerung über das Ampelmodell

      Abb. 6: Vereinbarung eines Arbeitszeitbudgets

      C) Lebensarbeitszeit im Kontext der Gesamtvergütungspolitik
      Es gibt zwei Möglichkeiten, ein Langzeitkonto zu führen: Z. B. zeit-invest Modell (ähnlich Cafeteria-Prinzip) der Deutschen Bank: Absicherung des Guthabens, z.B. bei Insolvenz

      Abb. 7: Gesamtvergütungsmodell der Deutschen Bank AG

      D) Das selbstgesteuerte Team

      Veränderungen in der Arbeitszeitgestaltung können nicht ohne Folgen für die Organisationsstruktur bleiben.

      Für ein System des selbstgesteuerten Teams spricht:

        1. Verstärkte Kundenorientierung macht Arbeitszeitselbststeuerung im Team unerlässlich
        2. Die zunehmende Komplexität (verschiedene, komplexe Aufgabenbereiche) wird breit verteilt und besser beherrschbar
        3. Abkehr von formalen Arbeitszeitregeln zugunsten der Ergebnisorientierung
        4. Die Mitarbeiter erhalten Prozesssicherheit
        5. Förderung der Einsatzflexibilität
        6. Betriebliche Fehlzeiten werden gesenkt


      E) Vertrauensarbeitszeit :

      Unter Vertrauensarbeitszeit versteht man "die eigenverantwortliche Erfüllung der vertraglichen Arbeitszeitverpflichtungen durch die Mitarbeiter/innen selbst" ð weniger Verwaltungskosten und mehr Mitarbeiterzufriedenheit durch Eigenverantwortung ("Unternehmer im Unternehmen").




      Literaturempfehlungen:

      - Beyer H.-T. Betriebliche Arbeitszeitflexibilisierung Vahlen; München; 1986

      - Buchs G. Arbeitszeitflexibilisierung bei der Deutschen Bank Symposion Publishing Düsseldorf; 2001; Unter: http://www.flexible-unternehmen.de/kv0504.htm

      - Linke M. Einführung flexibler Arbeitszeitmodelle in der Praxis Symposion Publishing; Düsseldorf; 2001; Unter: http://www.flexible-unternehmen.de/kv0405.htm

      - http://www.arbeitszeitberatung.de/arbeitszeit.htm




















    Beyer, Horst-Tilo (Hg.): Online-Lehrbuch BWL, http://www.online-lehrbuch-bwl.de