Vortrag: Ökologiemanagement | |||
Autorin: Dipl.-Kffr. Bettina Pezold | Semester: WS 98/99 | Hauptstudium | |
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ÖKOLOGIEMANAGEMENT
Rechtliche Rahmenbedingungen
z.ZT. weit über 3000 umweltrelevante Gesetze des Bundes, Rechtsverordnungen, Richtlinien/Erlasse/Vorschriften und umfangreiche Vorschriften der Bundesländer und der EU (ähnlich sieht es in weiteren Ländern der EU, in den USA und in Japan aus).
Den ordnungsrechtlichen Instrumenten (Gesetze und Verbote) kommt neben den umweltpolitischen Instrumenten der informellen Einflußnahme ("moral suasion" von Parteien und Behörden auf die Marktteilnehmer durch Umweltschutzappelle und -informationen) und ökonomischen Anreizinstrumenten (z.B. Lenkungsabgaben auf Emissionen, Erwerb von zeitlich begrenzten Umweltzertifikaten an einer "Umweltbörse" und Steuervergünstigungen) die Aufgabe zu, den Umweltschutz durch faktische Macht zu beschleunigen. Hierbei soll soweit wie möglich den folgenden Prinzipien entsprochen werden:
Das Verursacherprinzip weist die Verantwortlichkeit für Umweltbelastungen kausal ihrer Entstehung zu, d.h. die Kosten der Umweltbelastung werden dem Verursacher angelastet.
Dem Vorsorgeprinzip:
Das Vorsorgeprinzip besagt, daß ökologischen Risiken bereits im Vorfeld ihrer Entstehung zu begegnen ist, d.h., daß neben ex post zu ergreifenden Maßnahmen für eine bereits eingetretene Umweltschädigung umweltpolitische Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden ex ante zu ergreifen sind.
Dem Kooperationsprinzip:
Umweltrecht unterscheidet zwischen Zivilrecht (Umwelthaftungsrecht), Strafrecht (Umweltstrafrecht) und öffentlichem Recht (Umweltverwaltungsrecht). Sachlich ist das Umweltrecht ein Sammelbegriff unterschiedlicher Materien, das sowohl in das Arbeitsschutzrecht als auch in das Recht der technischen Sicherheit und das öffentliche Wirtschaftsrecht diffundiert.
Als zwei für die Betriebswirtschaft besonders relevante Bereiche werden folgend stark verkürzt die Thematiken der Umwelthaftung und des Betriebsbeauftragten für Umweltschutz aufgegriffen.
Das am 01. Januar 1991 in Kraft getretene Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG) sieht die verschuldungsunabhängige Haftung für durch Umwelteinwirkungen entstehende Personen- und Sachschäden vor. Die Anzahl der strafrechtlichen Verfahren aufgrund von Umweltdelikten nimmt seit über 20 Jahren exponentiell zu. Hiervon sind nicht nur große Unternehmen betroffen, sondern auch kleine und mittelständische Betriebe, deren existentielle Zukunft durch hohe Schadensersatzforderungen besonders gefährdet wird. Es handelt sich dabei primär um einen outputorientierten Ansatz, der betriebsinterne Vorgänge außen vor läßt. Das Umwelthaftungsgesetz soll Unternehmen einerseits dazu veranlassen, entstandene Schäden auszugleichen bzw. die Ausgangssituation wiederherzustellen , andererseits sollen sie zu Präventivmaßnahmen veranlaßt werden, um Schadensersatzforderungen zu entgehen.
Die Forderung nach Präventivmaßnahmen impliziert jedoch bereits die Strukturierung einer umweltgerechten Unternehmensorganisation und die Delegation umweltrelevanter Aufgaben.
Bei genehmigungsbedürftigen Anlagen ist die
Bestellung von Betriebsbeauftragten für Umweltschutz bereits Pflicht.
Der Betriebsbeauftragte hat lediglich innerbetriebliche Funktionen und
soll im Sinne einer betrieblichen Selbstüberwachung von der Unternehmensleitung
unterstützt werden. Ihm kommt primär eine Informationspflicht
über die Einhaltung der Betreiberpflichten genehmigungsbedürftiger
Anlagen und die Immissions- und Emissionsdaten zu, aber auch die Information
(und soweit möglich Schulung) der Mitarbeiter und die Forcierung der
Entwicklung und Einführung umweltfreundlicher Produkte und Verfahren.
Zur Zeit steht jedoch aufgrund der vorwiegend technischen Ausbildung der
Betriebsbeauftragten für Umweltschutz ihre Kontrollfunktion im Vordergrund
und weniger die strategische, innovationsfördernde Aufgabe.
Wettbewerbspolitische Gesichtspunkte des Ökologiemanagements
Durch ökologisches Wirtschaften lassen sich Kostensenkungspotentiale eröffnen. Das Ökologiemanagement fokussiert hierbei eine generelle Vermeidung der Verschwendung von Ressourcen, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch zu minimieren ist. Wünschenswerte Materialeinsparungen sollen dabei sowohl bei der Produktgestaltung als auch bei der innerbetrieblichen Konstruktion der Ablauf- und Aufbauorganisation des Unternehmens im ständigen Blickpunkt des Managements stehen. Dementsprechend zeichnet sich eine unbedingte Verknüpfung zwischen dem betrieblichen Qualitätsmanagement und dem Ökologiemanagement als einer speziellen Ausrichtung desselben ab. Hierauf weist ebenfalls die Ergänzung des Qualitätsstandards nach der ISO 9000 ff. durch die Umweltanforderungen an Unternehmen durch die ISO 14000 ff. hin.
Kurzfristig entstehende Kosten der Ökologisierung sind gleichsam zukunftsträchtige Investitionen, die sich durch die Honorierung am Markt und die Minimierung von risikobedingten Folgekosten (Umwelthaftung) erst mittel- oder langfristig auszahlen. Anstelle von Umweltkosten sollte daher besser von Umweltinvestitionen, die gleichsam "ökologie-induzierteOpportunitätskosten" darstellen, gesprochen werden. Exemplarisch hierfür ist die durch Umweltschutzinvestitionen induzierte Risikoreduktion bei Vorsorge und Vermeidung von Störfällen durch den Nachweis von bestimmungsgemäßem Betrieb.
Produktionsausfälle und -unterbrechungen aufgrund schlechter Rohstoffqualität oder -verfügbarkeit, längerer Genehmigungsfristen und schärferer Genehmigungsauflagen werden verringert. Die Kosten der Risikoabsicherung (Umwelthaftungsgesetz) sinken durch niedrigere Versicherungsprämien. Schadensersatzforderungen oder Geld- und Freiheitsstrafen für den verantwortlichen Geschäftsführer werden durch Investitionen, die den bestimmungsgemäßen Betrieb sicherstellen, vermieden.
Das Opportunitätskostenkalkül muß ebenfalls im Hinblick auf die Marktwirksamkeit von Umweltschutzinvestitionen berücksichtigt werden. Infolge des gesellschaftlichen Wertewandels zugunsten des Umweltschutzes lassen sich verbesserte Absatzchancen ökologischer Produkte beobachten. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn aus aktuellem/akutem Anlaß (Umweltskandale) auf die Substitution oder den Verzicht gefährlicher Umweltstoffe hingewiesen wird. Betrieblicher Umweltschutz stellt damit einen den Konsumentenbedürfnissen entsprechenden Zusatznutzen dar. Es besteht nicht nur ein gesetzlich erzwungener Ökologie-Push-Effekt, sondern vielmehr ein Pull-Effekt, der die Qualität des Umweltmanagements zu einem relevanten Wettbewerbsfaktor werden läßt. Dies trifft insbesondere auf die Branchen der Nahrungs- und Genußmittel, Chemie, Hausgeräte und Verpackung zu, bei denen die direkte Betroffenheit der Verbraucher am offensichtlichsten kommuniziert wird.
Die Attraktivität eines umweltorientierten Betriebes als Arbeitgeber verbessert die Chancen am Arbeitsmarkt. Die Innenwirkung des Umweltschutzes weist ein beträchtliches Motivationspotential für die Mitarbeiter auf.
Durch den Nachweis des ökologisch bestimmungsgemäßen Betriebes verbessern sich auch die Chancen am Finanzmarkt. Durch die Risikoabsicherung und den Ausschluß von Störfällen steigert sich die Kreditwürdigkeit gegenüber den Banken. Die Wahrscheinlichkeit von Umweltschäden sinkt (Risikoanalyse) und hat in diesem Falle keine negativen Auswirkungen auf den erwirtschafteten Cashflow und die Inanspruchnahme von Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten.
Kostensenkungspotentiale, Risikoreduktion und die Ausweitung von Marktanteilen stellen damit unmittelbare positive Auswirkungen des Ökologiemanagements auf die ökonomische Situation des Unternehmens dar.
Mittelbar ist auf jeden Fall mit der positiven Imagewirkung einer umweltorientierten Corporate Identity zu rechnen. Die Imagewirkung kann die Wettbewerbschancen langfristig sichern. Die hierdurch erreichte Loyalität der Vertragspartner auf dem Absatz-, dem Arbeits- und dem Finanzmarkt stellt einen wesentlichen Imitationsschutz des Unternehmens durch ökologische Positionierung dar.
Ziel ist es, durch ökologisches Handeln ökonomische
Erfolge zu realisieren.
Wettbewerbschancen einer umweltfreundlichen Unternehmensführung
CHANCEN
unmittelbar
·
Kosten
senken
Prozeß- und produktbezogene Einsparungen bei Roh-, Hilfs- und
Betriebsstoffen (Vermeidung/ Verringerung/ Rückführung/ Substitution
von Material, Wasser, Energie, Abfall, Ausschuß)
·
Risiken
verringern
Vorsorge und Vermeidung von Störfällen durch den Nachweis
von bestimmungsgemäßem Betrieb
è
keine Produktionsunterbrechungen
è
geringere Versicherungsprämien
è
keine Schadensersatzforderungen
·
Marktanteile
gewinnen
Absatzmarkt:
Kundenwünschen durch ökologische Produkte und Herstellungsprozesse
entsprechen und so Aufträge bevorzugt erhalten
Arbeitsmarkt:
Erhaltung und Gewinnung von Mitarbeitern, die sich mit den Zielen und
Handlungen des Unternehmens identifizieren
Finanzmarkt:
Höherer Vermögenswert/ Kreditwürdigkeit des Unternehmens
mittelbar
·
Image
verbessern
Bei Öffentlichkeit, Mitarbeitern, Behörden
Eine wirklich zukunftsverträgliche Entwicklung verlangt ein Gleichgewicht ökonomischer, ökologischer und gesellschaftlicher Belange:
· Zukunftsverträglichkeit im ökologischen Sinne bedeutet, die Grenze der Belastbarkeit der Ökosysteme nicht zu überschreiten und die natürliche Lebensgrundlage zu erhalten.
·
Zukunftsverträglichkeit
im
sozialen
beziehungsweise gesellschaftlichen Sinne bedeutet ein
Höchstmaß an Chancengleichheit, Freiheit, sozialer Gerechtigkeit
und Sicherheit.
· Bei sich erneuernden Ressourcen darf die Nutzungsrate nicht deren Regenerationsrate überschreiten.
·
Schadstoffemissionen
(in Luft, Wasser und Boden) dürfen die Kapazität der Schadstoffabsorption
durch die Umweltmedien nicht übersteigen.
Der Einsatz immaterieller Ressourcen (Know-how, motivierte
Mitarbeiter) und Vermögensgegenstände (Goodwill, Patente, Konzessionen,
Lizenzen) wird damit zu einer betriebswirtschaftlich relevanten Wachstumsgröße.
Außerdem gewinnen immaterielle Leistungsangebote (Dienstleistungen)
und immaterielle Zusatzleistungen (Beratung beim Kauf, After-Sales-Service,
Schulung von Mitarbeitern des Kunden) zunehmend an Bedeutung. Qualitative
Entwicklung fokussiert insbesondere die Schaffung eines Mehrwertes, der
auf immaterieller Wertschöpfung beruht. Der Ressourcenverbrauch innerhalb
der industriellen Produktion bleibt zwar notwendig, ist jedoch in Hinblick
auf die obigen Ausführungen zu minimieren.
Einbindung des Mitarbeiters in das
betriebliche Umweltmanagement
Ziele des Umweltzirkel-Konzepts
2.
Psychologische Ebene
Verbesserung von Integration, Zusammenarbeit, Arbeitsklima,
Motivation und innerbetrieblicher Kommunikation zu ökologischen Themen
3.
Persönlichkeitsentwicklung
Förderung von Arbeitsmethodik, Steigerung der
Problemlösungsfähigkeit, Schulung in kreativem Denken, Schulung
in vernetztem Denken, Mut zur Innovation
Ökologische Gesichtspunkte der Produktgestaltung
Um die Wiederkaufswahrscheinlichkeit und damit auch die Kundenloyalität zu erhöhen, muß das Produkt auch beim Ge- und Verbrauch den ökologischen Wünschen des Käufers entsprechen.
Die Produkte sind auf
- die Gesundheitsverträglichkeit des Produktes
und des Produktnutzens
- die Lärm- und Schadstoffemission und den
Energieverbrauch
- die Möglichkeit einer sparsamen Verwendung
- die Reparatur- und Wartungsfreundlichkeit
- das Angebot regelmäßiger Serviceleistungen
zur Verlängerung der Produktlebensdauer und
- die Kompatibilität mit zu erwartenden Produktinnovationen
zu überprüfen.
Grundsätzlich sollte bei Verpackungen insbesondere
auf ihre
- Wiederverwendbarkeit (Trend zu Mehrwegverpackungen)
- Andersverwendbarkeit (z.B. eßbare Lebensmittelverpackungen,
Glasverpackungen dienen im Haushalt als Trinkgefäße, Plastiktragetaschen
können als Müllbeutel benutzt werden etc.)
- Wiederverwertbarkeit (Recycling)
geachtet werden.
Gestaltung der Geschäftsprozesse
nach ökologischen Gesichtpunkten
Ganzheitlich integrierte Nutzung von Kostensenkungspotentialen
·
Einsatz von Stoffen
nach dem Effizienzkriterium der Minimax-Regel
·
Substitution
von umweltzerstörendem Input
·
Lieferantenauswahl
nach ökologischen Kriterien
·
Vermeidung/Verringerung
des Einsatzes von Stoffen, die das Unternehmen nur als Throughput durchlaufen
und nicht als Bestandteil in das Endprodukt eingehen (s. Betriebsmittel).
Dies gilt nicht
für
- problemlos wiederaufbereitbare Stoffe (z.B. wiedereinschmelzbare
Plastikabfälle),
- Stoffe, die während des Produktionsprozesses
keine Änderung erfahren und daher einen dauerhaften bzw. langfristigen
Verbleib im Kreislaufsystem des Unternehmens haben und
- Stoffe die als Neben- oder Kuppelprodukt im eigenen
Unternehmen oder bei Kunden langfristig Verwendung finden
·
Mehrfachnutzung
von Hilfs- und Betriebsstoffen innerhalb eines Prozesses
(Maßeinheit: Tonne bzw. kWh) |
(Maßeinheit: Tonne) |
Rohstoffe | Zielprodukte |
Betriebsstoffe | Abfälle Wertstoffe |
Hilfsstoffe | Abfälle Reststoffe |
Gefahrstoffe | Abfälle Gefahrstoffe |
Energien | Luftemissionen |
Wasser |
[Fußnoten in diesem Vortragsskript werden aus technischen Gründen nicht angezeigt. Bei Bedarf können sie im Word-Dokument eingesehen werden.]