Kundenzufriedenheit und Kundenbindung | |||
Referent: Claus Verst | Semester: WS 1999/2000 | Hauptstudium | |
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Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
1 Zusammenhang zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung
Die Kundenzufriedenheit ist als psychologische Bindung eine der wichtigsten Determinanten der Kundenbindung, die in der Regel mit zunehmender Zufriedenheit ebenfalls steigt. Umgekehrt ist jedoch nicht jeder "treue" Kunde zufrieden, sondern hat u. U. keine Alternativen bei der Lieferantenwahl, da es keine anderen bzw. besseren Anbieter gibt, oder Wechselbarrieren (psychologisch, ökonomisch, vertraglich) bestehen.
Möglichkeiten der Zufriedenheits-Bindungs-Beziehung
2 Kundenzufriedenheit
2.1 Zufriedenheitsmodelle
Differenzmodell
Die Kundenzufriedenheit ist das Ergebnis eines Vergleichs- und Beurteilungsprozesses zwischen den Leistungserwartungen und den Leistungswahrnehmungen des Kunden. Wird die Leistungserwartung erfüllt oder übertroffen, so ist der Kunde zufrieden.
Lückenmodell
Es zeigt die Entstehungsorte von Lücken im Unternehmen, die schließlich
in das Differenzmodell münden. Es macht deutlich, daß die Differenz
zwar beim Kunden besteht, aber im Unternehmen entstanden ist und auch nur
dort beseitigt werden kann.
Lücke 1:
Differenz zwischen den Erwartungen und den Wahrnehmungen des Managements von diesen Kundenerwartungen Lücke 2: Differenz zwischen den wahrgenommenen Kundenerwartungen und den internen Leistungsspezifikationen (Qualitätsnormen) Lücke 3: Differenz zwischen Normen für Qualität und tatsächlich erbrachter Leistung Lücke 4: Differenz zwischen der tatsächlichen Leistung und der in externer Kommunikation versprochenen Leistungserstellung Lücke 5: Diskrepanz zwischen erwarteter und wahrgenommener Leistung (vgl. Differenzmodell) |
Abbildung 2: Lückenmodell
Kano-Modell
Graphische Darstellung des Zusammenhangs dreier Gruppen von Zufriedenheitsfaktoren und deren unterschiedliche Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit bei Fehlen bzw. Vorhandensein (vgl. Abbildung 3).
Abb. 3: Kano-Modell
Voraussetzung für alle Maßnahmen zur Steigerung der Kundenzufriedenheit ist es, Verständnis für die Kundenprobleme zu entwickeln, seine Erwartungen, Gewichtungen, Beurteilungen usw. zu ermitteln und der abweichenden Eigensicht gegenüberzustellen.
Beschwerdemanagement
Wesentlicher Beitrag zur Schwachstellenanalyse mit dem Ziel die Kundenzufriedenheit durch Beschwerdezufriedenheit wiederherzustellen. Dazu muß die Beschwerdeantwort der erwarteten Antwort weitgehend ent-sprechen, zumindest jedoch als akzeptabel wahrgenommen werden. Dies zu erreichen ist von der Ausprägung mehrerer Kriterien bzw. deren subjektivem Empfinden beim Kunden abhängig.
Critical-Incident-Technique
Steigerung der Kundenzufriedenheit durch Evaluation kritischer Ereignisse, die dem Kunden spontan als besonders positiv bzw. negativ einfallen mit dem Ziel, zukünftig positive Erfahrungen zu steigern und negative zu eliminieren.
Kundenprozeßanalyse
Alle Prozesse der Wertschöpfungskette werden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Kundenzufriedenheit untersucht und optimiert. Bereits in Forschung und Entwicklung muß auf Kundenwünsche eingegangen werden, was in der Folge alle Bereiche des Unternehmens betrifft (Vermeidung von Overengineering).
Die Kundenzufriedenheitsanalysen sollten systematisch, regelmäßig,
und nach Marktsegmenten, Leistungskomponenten und Funktionbereichen differenziert
sein. Je nach Zielsetzung kann die Zufriedenheit auf drei Ebenen gemessen
werden, der Produkt-, der Service- und der Beziehungsebene. Um möglichst
gute Ergebnisse zu erzielen sollte ein Mix verschiedener Verfahren angewendet
werden, die in objektive und subjektive Verfahren zu unterteilen sind:
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Objektive Verfahren |
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- Aggregierte Größen
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- Implizite Messung
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- Explizite Messung
ex ante / ex post ex post multiattributiv generelle Zufriedenheit |
Objektive Verfahren sind einfach in der Erhebung, weisen jedoch oft nur eine schwache Korrelation mit der Kundenzufriedenheit auf.
Subjektive Verfahren sind aufgrund der besseren Korrelation der Daten besser geeignet, jedoch ist die Erhebung schwieriger. Entweder erhält man sie aus laufenden Maßnahmen der Zufriedenheitssteigerung (Implizite Messung) oder aus eigens dafür durchgeführte Erhebungen (Explizite Messung). Besonders geeignet zur Erhebung der Zufriedenheit sind Fragebögen, da sie im Gegensatz zu persönlichen Interviews billiger und weniger zeitaufwendig sind.
Die nahezu unüberschaubare Anzahl verschiedener Skalen der Zufriedenheitsmessung kann von kognitiv zu emotional/affektiv und von verbal zu graphisch unterschieden werden. Die Auswertung kann schließlich in einem Stärken-Schwächen-Profil erfolgen. Im Kano-Chart kann zusätzlich aus Kundensicht ermittelt werden, was letztlich zur Unzufriedenheit bzw. besonderen Zufriedenheit des Kunden beiträgt und welche Leistungskomponenten zu den Basisfaktoren, Leistungsfaktoren und Begeisterungsfaktoren zählen.
Die kundenorientierte Unternehmensführung hat somit die Aufgabe
sukzessive Basis-, Leistungsanforderungen und Begeisterungseigenschaften
anzubieten, woraus sich Implikationen der Kundenzufriedenheitsanalyse ergeben,
welche die nebenstehende Abbildung wiedergibt.
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3 Kundenbindung
Die Kundenbindung ist eine relativ dauerhafte Beziehung zwischen Kunde und Unternehmen, die von beiden Seiten betrachtet werden kann. Die Aktivdimension , das "Binden" des Kunden geht vom Unternehmen aus, die Passivdimension, das "Gebundensein" ist das Ergebnis beim Kunden. Als Passivdimension gilt es die Begriffe Loyalität und Treue gegenüber der Kundenbindung abzugrenzen.
3.1 Passivdimension
Die Kundenloyalität kann in drei Schichten hinsichtlich der Stärke der Loyalität unterteilt werden.
"Trügerische" Kundenloyalität
Die schwächste Form der Kundenloyalität wird lediglich am Wiederkaufverhalten gemessen. Die Gründe hierfür sind jedoch unbekannt (Lieferprobleme der Konkurrenz, Unsicherheit).
"Bedingte" Kundenloyalität
Engere Fassung der Loyalität, beruhend auf einem Anreiz-Beitrag-System bei dem der Kunde seinen Beitrag (Wiederkauf) leistet, wenn die Anreize (Erfahrungen, Sympathie usw.) vorhanden sind. Die Bindung des Kunden ist freiwillig, kann aber durch Erfüllung der Erwartungen erhalten werden. Zusätzlich kann der Lieferant Wechselbarrieren aufbauen (vgl. Kundenbindungsmaßnahmen).
"Belastbare" Kundenloyalität
Commitment, die engste Fassung der Loyalität, ist eine Art moralische Selbstverpflichtung des Kunden, bewußt "treu" zu bleiben, obwohl bessere Angebote bekannt sind, als Folge einer Verschiebung des Anreiz-Beitrag-Gleichgewichts zu Gunsten des Lieferers.
3.2 Aktivdimension
Eine aktive Kundenbindungspolitik wird aufgrund der Verschärfung des Wettbewerbs und der damit sinkenden Renditen notwendig. Neukunden sind nur noch mit hohen Akquisitionskosten zu gewinnen, während die Deckungsbeiträge alter Kunden sind i. d. R. höher als die der neuen (bekannte Ansprüche, höhere Umsätze aufgrund von Cross-Selling, höhere Preisbereitschaft, höhere Fehlertoleranz).
Kundenbindungsmaßnahmen
Die Stärke der Kundenbindung ist vom Nutzen und den Wechselkosten abhängig, die der Kunde aufgrund psychologischer und faktischer Bindungen empfindet. Ziel aller Maßnahmen ist daher die Erhöhung des Kundennutzens und der Wechselkosten durch den Aufbau verschiedener Wechselbarrieren. Diese können materiell, emotional oder rechtlich errichtet werden und verursachen direkte, psychologische oder vertragliche Wechselkosten.
Insgesamt ist eine Situation des Commitments anzustreben, mindestens
jedoch eine bedingte Loyalität des Kunden.
Fokus: Nutzen steigern
Qualitätssteigerung im Laufe der Beziehung zusätzliches Know-how, Erfahrungen Prozessoptimierung vielfältige Einsatzmöglichkeit erworbener Leistungen (Baukastensystem) zusätzlicher After Sales Service
Fokus: Kosten reduzieren
Fokus: Wechselkosten erhöhen
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Meßmethoden der Kundenbindung
Die Messung der Kundenbindung kann durch beobachtbares äußeres Verhalten und durch die nicht beobachtbare innere Disposition erfolgen.
Das beobachtbare Verhalten kann nochmals in kollektives (z. B. Kundenbindungsrate , Abwanderungsrate) und individuelles Verhalten unterschieden werden. Letzteres kann in verschiedenen Ansätzen gemessen werden, die das Kaufverhalten des Kunden hinsichtlich unterschiedlicher Parameter erfaßt. Abhängig vom
Parameter kann derselbe Kunde unterschiedliche Bindungskennzahlen erreichen: