Notwendigkeit und Grenzen der Diversifikation unter Berücksichtigung neuerer Entwicklungen auf den Absatzmärkten
Autorin: Stefanie Bauernfeind Semester: WS 1997/98 Hauptstudium
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Notwendigkeit und Grenzen der Diversifikation unter Berücksichtigung neuerer Entwicklungen auf den Absatzmärkten

1.Begriff

1.1. Definition

® Begriff der Unternehmensdiversifikation taucht erstmals 1951 bei Andrews auf , welcher Diversifikation als "die Herstellung oder den Absatz von mehr als einer Ware durch ein einziges Unternehmen " definierte.

® Diversifikationsbegriff in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig definiert; generell wird unter Diversifikation die Ausdehnung der bisherigen Unternehmensaktivitäten auf einen neuen Tätigkeitsbereich verstanden;

® Diversifizierungsbegriff nach Ansoff ( Diversifikation im engeren Sinn)

und Bühner (weiter gefaßter Diversifikationsbegriff):



1.2. Abgrenzung der Diversifikation gegenüber anderen Strategien der Leistungsausweitung

® Produkt/Markt-Matrix mit alternativen Wachstumsstrategien nach Ansoff
Märkte

Produkte

bestehende
neue
vorhandene
Marktdurch-

dringung

I

Markt-

entwicklung

II

neue
Produkt-

entwicklung

III

Diversi-

fikation

IV

aus: Nieschlag/Dichtl/Hörschgen, 1994, S. 900

  1. Arten der Diversifikation
  1. Unterscheidung anhand der Diversifikationsrichtung
® horizontale Diversifikation:
· gleiche Wirtschaftsstufe, gleiche Branche, gleiches technisches Wissen (z.B. Brauerei stellt alkoholfreie Getränke her); Beispiel: Hoechst AG ( Biotechnologiemarkt);

® vertikale Diversifikation:
· Leistungen einer vor- oder nachgelagerten Produktionsstufe werden in das Leistungsprogramm aufgenommen;

® laterale (konglomerate) Diversifikation:
· die neuen Produkte stehen in keinerlei sachlichem Zusammenhang mehr zu den bisherigen, es entstehen Mischkonzerne; Bsp.: Daimler-Benz AG (AEG, Debis, Aerospace)

  1. Unterscheidung nach den Diversifikationsursachen
® offensive Diversifikation: Verschaffung von Wettbewerbsvorteilen
® defensive Diversifikation: Reaktion auf eingetretene Entwicklungen zur Minimierung von Defiziten
  1. Unterscheidung nach den Wachstumsarten
® interne Diversifikation: Diversifikation erfolgt durch Eigenerweiterung , z.B. Eigenentwicklung,
-herstellung und -vertrieb der neuen Produkte
® externe Diversifikation: Diversifikation erfolgt durch Akquisition oder Kooperation
  1. Ausmaß und Entwicklung der Diversifikation

aus: Greune, M., Der Erfolg externer Diversifikation im Handel, 1997, S. 32

  1. Anlässe und Ziele der Diversifikation
  1. Anlässe der Diversifikation
® exogene Bestimmungsgründe: Anstoß zur Diversifikation kommt aus der Unternehmungsumwelt
· Absatzmarktlage, technischer Fortschritt, Nachfrageänderungen, Wettbewerbsintensität, Änderung der volkswirtschaftlichen Rahmenbedingungen;

® endogene Bestimmungsgründe: Anstoß zur Diversifikation leitet sich aus unternehmungsinternen Gegebenheiten ab; gebunden an das Vorhandensein von Überschußkapazitäten;
· z.B. Überschußkapazitäten im Herstellungs-, F+E-, Finanz- und Managementbereich;


  1. Ziele der Diversifikation
Renditesteigerung/Gewinn

· Eintritt aus stagnierenden in neue, rentablere Märkte
· effizientere Auslastung der Unternehmensressourcen
· Realisierung von Synergieeffekten

Risikosenkung/Sicherheit

· Existenzsicherung
· Reduzierung von Abhängigkeiten
· Stabilität gegenüber Nachfrageschwankungen

Wachstum

· Umsatzwachstum
· Wachstum der Mitarbeiterzahl
· Marktanteilssteigerung

Persönliche Ziele der Eigentümer oder Manager
· Macht/Prestige
· Hobby








aus: Höschl, M., Diversifizierungsprojekte mittelständischer Unternehmen, S.104 4. Synergie als Bestimmungsfaktor von Diversifikation
  1. Die Realisierung von Größen- und Verbundvorteilen
® Idee der Synergieeffekte bei verschiedenartigen, in einem Unternehmen zusammengefaßten Pro- dukt-Markt-Bereichen wird auf Ansoff zurückgeführt und bezeichnet den sogenannten "2+2=5" - Effekt;

® Synergie basiert im wesentlichen auf zwei Ursachen:
· economies of scale (Größenvorteile)
· economies of scope ( Verbundvorteile, insbesondere Kostenvorteile)

® Beispiele für Synergieeffekte:



Funktion Synergiepotentiale
Führung unausgelastete Managementpotentiale;Übertragung von strategischen Erfahrungen auf neue Bereiche; gemeinsame Führungsstrukturen;
Forschung das Zusammenlegen von Forschungskapazitäten steigert die Produktivität; Erwerb zusätzlicher Ressourcen und neuen Know-hows;
Finanzen gemeinsame Finanzplanung; Abstimmung der Finanzströme ermöglicht eine kostengünstige Refinanzierung;
Beschaffung höhere Einkaufsvolumina mindern Kosten; bessere Verhandlungsposition gegenüber Lieferanten;
Produktion höhere Kapazitätsauslastung bei Massenfertigung (economies of scale) oder bei flexibler Fertigung (economies of scope);
Absatz gemeinsame Vertriebskanäle/Servicenetzwerke; gemeinsame Nutzung von Markennamen;

aus: Ganz, M., Diversifikationsstrategie, 1992, S. 15

  1. Die Vernetzung von Markt-, Geschäfts- und Verhaltensprozessen
® Markt als Ausgangspunkt synergetischen Handelns

® Marktprozesse : steigende Kundenerwartungen, Individualisierung der Kundenwünsche Þ Flexibilität durch Diversifikation: schnelle Reaktion auf Veränderungen des Marktes möglich;

® Geschäftsprozesse : Diversifikation verlangt häufig Umstrukturierungen der Ablauf- und Aufbauorganisation zur kundenorientierten Gestaltung aller Geschäftsprozesse;

® Verhaltensprozesse : Durchführung von Umstrukturierungen fordert Mitarbeiter in qualitativer (z.B. Fortbildung) und quantitativer (erhöhter Zeitaufwand) Hinsicht; Diversifikation als Herausforderung für die Managementebene :

· "rigorose" Personalauswahl und Personalentwicklung
· Motivation der Mitarbeiter
· Vermittlung von Flexibilitätsbereitschaft
· Abbau von Bedenken gegenüber einer Diversifikationsstrategie


® Vernetzung der drei Basisprozesse zeigt Komplexität der Auswirkungen einer Diversifikation
  1. Die Grenzen der Diversifikation
  1. Kosten der Diversifikation
® Koordinationskosten : z.B. Abstimmung von Plänen, Treffen von Entscheidungen

® Kosten der Inflexibilität : dieser Zeitverzug erschwert rasches Antworten auf Marktveränderungen

® Kosten des Kompromisses : wechselseitige Ausrichtung behindert strikte Kundenausrichtung

  1. Grenzen der internen und externen Diversifikation
  1. Grenzen der internen Diversifikation
® Grenzen werden durch das Maß an Dienstleistungen und finanziellen Mitteln gesetzt, das die produktiven Faktoren zusätzlich neben den laufenden Belastungen abgeben können: · Unternehmungsführung
· Investitionen/Kosten
· Mitarbeiter
· Eintrittsbarrieren
· Stellung des Zielmarktes im Lebenszyklus



  1. Die Grenzen der externen Diversifikation
· technisches und unternehmerisches Know-how der Geschäftsleitung
· Koordinations- und Integrationsprobleme
· wettbewerbsrechtliche Situation









Beyer, Horst-Tilo (Hg.): Online-Lehrbuch BWL, http://www.online-lehrbuch-bwl.de