Qualität_Zeit

Interdependenzen zwischen Qualität, Zeit und Preis
Autor: Endre Both		Semester: WS98/99	Grund-/Hauptstudium
	Handout PDF

Interdependenzen zwischen Qualität, Zeit und Preis

1. Begriffe

1.1 Qualität : " die Übereinstimmung mit den Kundenerwartungen "

1.1.1. Produktqualität : Zweckmäßigkeit, Zuverlässigkeit, Langlebigkeit usw.
1.1.2. Servicequalität : Freundlichkeit, Beratung, Kundendienst
1.1.3. Prozeßqualität : Bestellformalitäten, Lieferzeiten, Informationswege

Qualität muß vermittelt werden. à Qualitätsindikatoren:

- Möbelhaus: Liefer- und Aufbauservice; Teilzahlungsmöglichkeit

- Computer: kostenlose Hotline; ausführliche Handbücher

- Autos: lange Garantiezeiten; Farbenvielfalt

1.2 Zeit : Zeitmanagement erforderlich, um Nutzenvorstellungen der Kunden, der Mitarbeiter und des Betriebs miteinander zu vereinbaren

1.2.1 Zeitsystem : Öffnungs-, Betriebs- und Arbeitszeiten optimieren, um

- auf Nachfrageschwankungen reagieren zu können

- Mitarbeiter zu motivieren

- optimale Auslastung des Betriebes zu gewährleisten

1.2.2. Speed Management : Beschleunigung der Leistungserstellung (Produkte und Dienstleistungen), um:

- den optimalen Zeitpunkt für den Markteintritt wählen zu können

- auf unvorhergesehene Marktveränderungen schnell reagieren zu können

1.2.3. Zeitflexibilität : Anpassung an Markterfordernisse

- flexible Arbeitszeiten u. optimaler Beschäftigungsmix (Zeitarbeit)

- Outsourcing, Kooperation, Integration von Lieferanten und Kunden in den

Leistungerstellungsprozeß

1.2.4. Zeitmotivation : Sensibilisierung der Mitarbeiter für die Zeit als kritischen Wettbewerbsfaktor

- Zeitziele mit entsprechendem Entgeltmanagement

- Förderung der Selbstverantwortung (z. B. flexible Arbeitszeiten, projektorientiertes Arbeiten)

1.2.5. Zeitlogistik / Controlling :

- Änderungsbedarf feststellen; Maßnahmen erarbeiten und umsetzen; Effizienz kontrollieren

1.3. Kosten/Preise : kundenorientiertes statt kostenorientiertes (Cost-Plus-) Pricing

1.3.1. Target Costing : Festlegung der vom Markt erlaubten Kosten vor der Entwicklung
Beispiel: Ford Mustang: schwache Fahrleistungen, aber aufregend gestylt und preiswert
1.3.2. Penetration Pricing : bewußt niedrige Preise, um Kundenbasis zu erweitern
1.3.3. Skim Pricing : hohe Preise, um die Zahlungsbereitschaft einer kaufkräftigen Käuferschicht
auszuschöpfen

2. Totaloptimierung

2.1 Vermeidung von Overengineering :

- Verzicht auf Qualitätsmerkmale, die vom Kunden nicht honoriert werden

à Kosten- und Zeitgewinn ohne Qualitätsverlust im Sinne des vom Kunden gewünschten Optimums

Beispiel: PC von IBM, HP, Siemens-Nixdorf: Preissenkung durch Qualitätskompromiß

2.2. Simultanes Engineering : Optimierung in bezug auf Qualität, Zeit und Kosten durch:

- Parallelisierung der Entwicklungsprozesse (Marktforschung, Entwicklung, Kostenkalkulation,

Produktion usw.)

- Einbeziehung der Lieferanten und der Kunden in die Entwicklung und die Leistungserstellung:

Zeit-, Qualitäts- und Kostenvorteile

2.3 Business Reengineering : grundlegende Umstrukturierung des Betriebes

- Prozeßorientierung und -beschleunigung à Zeit- und Kostengewinne durch höhere Effizienz

- Prozeßkostenmanagement à verursachergerechte Abrechnung von Gemeinkosten

2.4 Automatisierung :

- Qualitäts-, Kosten- und Zeitvorteile durch maschinelle Herstellung

- Kundenintegration durch Selbstbedienung

2.5. Unternehmensübergreifende Netzwerke :

- Rückwärts- und Vorwärtsintegration: Abstimmung der Entwicklung und der Produktion mit

Lieferanten und Kunden

- Ressourcenpools mit anderen Unternehmen (teure Entwicklungen, Auslandsvertrieb usw.)

- Outsourcing in Zeiten hoher Nachfrage

2.6. Lean Management : Optimierung und Verschlankung der Arbeitsabläufe

- flexible Organisationseinheiten

- dezentrale Verantwortungsstrukturen

- transparentes und leistungbezogenes Entgeltsystem

- enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden

2.7 Mass Customization : Kombination von Massenherstellung und Maßanfertigung

- Qualität durch Vielfalt

- Zeit- und Kostengewinn durch Automatisierung

3. Partielle Optimierung

3.1. Qualitätsführerschaft : sich durch Qualität von der Konkurrenz abheben

- Mass Customization:

Beispiel: Levis: maßgeschneiderte Jeans für 30% Aufpreis

- individuelle Betreuung und Kleinserien:

Beispiel: Transtechnik

3.2. Preisführerschaft : niedrige Kosten und Preise, mit Abstrichen bei Qualität und Zeit

- Telefonmarkt: Preis wichtiger als Qualität

Beispiel: Mobilcom: sehr preiswert, einfache Tarifstruktur

Beispiel: Siemens: hochwertige Handys, aber zu teuer

- Just-in-Time: Verringerung der Lagerkosten und der Produktion "am Markt vorbei", aber:

Wartezeiten durch Lieferengpässe

3.3 Zeitführerschaft : vor den Konkurrenten an den Markt kommen, oder bei der Leistungserstellung
schneller sein, auch auf Kosten der Qualität

Beispiel: Kodak Soforbildkamera : Sofortentwicklung, aber Farbtreue und Bildschärfe schlechter

Beispiel: Mercedes A-Klasse : kurze Entwicklungszeit, aber Qualitätsmängel (Kippgefahr)

à materieller und Zeitverlust durch Imageschaden und Produktionsstopp

Empfohlene Literatur: Dittmer, Jutta u. a. (1997). "Integration von Zeit, Kosten und Qualität - systematisierte Nutzung von Informationsquellen im Produktentwicklungsprozeß", Zeitschrift für Unternehmensentwicklung und Industrial Engineering 46:3, S. 116-119.

Gilmore, James H. / B. Joseph Pine II (1997). "The four faces of mass customization", Harvard Business Review January-February, S. 91-101.

Nagle, Thomas T. / Reed K. Holden / Georg M. Larsen (1998). Pricing - Praxis der optimalen Preisfindung. Berlin u.a.: Springer.

Beyer, Horst-Tilo (Hg.): Online-Lehrbuch BWL, http://www.online-lehrbuch-bwl.de