Börse, Börsenhandel und Kapitalerhöhung | |||
Autorin: Barbara Müller | Semester: WS 1999/2000 | Grundstudium | |
Handout PDF | Hausarbeit Word | Hausarbeit PDF |
2.
Organisation
der Börsen
2.1.
Die
Deutsche Börse AG
- Zentraler Anbieter von Börsendienstleistungen in den Bereichen Handel, Abwicklung und Information
- Träger der Frankfurter Wertpapierbörse und der Eurex
- Eigentümerin der Deutschen Börse Clearing AG
- Hauptaktionäre sind Kreditinstitute, ein kleiner Teil wird von den Maklern und den Regionalbörsen gehalten
2.2.
Die
rechtlichen Grundlagen
-
Börsengesetz
:
Bestimmungen über Börsenaufsicht, -organe und -ordnung, über
die Zulassung von Wertpapieren zum Handel, die Feststellung des Kurses
und das Maklerwesen
-
Wertpapierhandelsgesetz
:
Regelung von Insidergeschäften
Insider sind Personen, die aufgrund ihrer Arbeit Kenntnis von kursrelevanten,
nicht öffentlich bekannten Tatsachen haben. Einem Insider ist es verboten,
Insidertatsachen für sich oder für Dritte auszunutzen, weiterzugeben
oder in Anlageempfehlungen zu verwenden. Verstöße gegen das
Verbot können mit einer Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit einer
Geldbuße bis zu 500 000DM geahndet werden.
- Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren
- Wertpapierhandel-Meldevorrichtung
- Verordnung über die Feststellung des Börsenpreises von Wertpapieren
- Börsen-, Gebühren- und Maklerordnungen der einzelnen Börsen
2.3.
Die
Teilnehmer am Börsenhandel
2.3.1.
Teilnehmer
am Kassahandel
- Amtlicher Kursmakler :
· Vermittlung von Geschäftsabschlüssen für festgelegte Wertpapiere
· Feststellung der amtlichen Börsenkurse
·
Eigengeschäfte
nur als Spitzenausgleich
- Freier Makler :
· Vermittlung von Geschäftsabschlüssen
· Feststellung der Börsenkurse im Freiverkehr
·
Aufgabengeschäfte,
d.h. Makler steigt selbst in das Geschäft ein und gibt Käufer
bzw. Verkäufer erst später bekannt
-
Händler
:
Kreditinstitute oder Maklerfirmen können Eigen- und Kundengeschäfte
durchführen und Vermittlungen von Verträgen übernehmen
2.3.2.
Teilnehmer
an der Terminbörse
- Kreditinstitute, Versicherungen und Investmentgesellschaften:
§ Durchführung von Eigen- und Kundengeschäften
§ Beantragung der Zulassung als Market-Maker, der verbindliche Geld- und Briefkurse für betreute Papiere erstellt
- natürliche Personen, die vor dem ersten Abschluß ausreichend über das Risiko des Terminmarktes aufgeklärt werden müssen
3.
Marktsegmente,
Zulassung und Kursfeststellung
3.1.
Kassamarkt
3.1.1.
Amtlicher
Handel
Der Amtliche Handel ist das Marktsegment für Standardwerte von traditionellen Unternehmen wie z.B. Bayer, BMW oder Lufthansa
Zulassung
- muß mit einem zum Börsenhandel zugelassenen Kreditinstitut beantragt werden
- Abgabe eines Zulassungsantrages dessen Hauptbestandteil der Prospekt ist, der Informationen über den Emittenten, das Wertpapier, die Kapitalausstattung, die Geschäftsführung und das Aufsichtsorgan, über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie über die Entwicklung des Geschäfts enthält; über die Richtigkeit der Angaben haften Emittent und Bank gemeinsam (Prospekthaftung)
- Veröffentlichung des Prospekts
- Entscheidung über und Veröffentlichung der Zulassung
- Einführung der Papiere
- Weitere Publizitätsvorschriften: Jahresabschlüsse, Zwischenberichte und Ad-hoc-Informationen müssen veröffentlicht werden
Kursfeststellung
-
Einheitskurse
werden nach dem Meistausführungsprinzip festgelegt, wobei fünf
Bedingungen erfüllt sein müssen:
1. Zum Einheitskurs muß der größtmögliche Umsatz
zustande kommen
2. Alle Bestens- und Billigstaufträge müssen ausgeführt
werden
3. Alle über dem Einheitskurs limitierten Kaufaufträge müssen
ausgeführt werden
4. Alle unter dem Einheitskurs limitierten Verkaufsaufträge müssen
ausgeführt werden
5. Die zum Einheitskurs limitierten Aufträge müssen wenigstens
teilweise ausgeführt
werden.
- Umsatzstarke Wertpapiere werden fortlaufend gehandelt, d.h. Eröffnungs- und Schlußkurs werden nach dem Meistausführungsprinzip ermittelt, für alle anderen Aufträge können sich neue Kurse ergeben
Kurszusätze
b oder Kurs ohne Zusatz: bezahlt: alle Aufträge sind ausgeführt
bG: bezahlt Geld: nicht alle Kaufaufträge wurden ausgeführt, es
bestand weitere Nachfrage
bB:
bezahlt
Brief: nicht alle Verkaufaufträge wurden ausgeführt, es
bestand weiteres Angebot
G: Geld: es fand kein Umsatz statt, da nur Nachfrage bestand
B: Brief: es fand kein Umsatz statt, da nur Angebot bestand
3.1.2.
Geregelter
Markt
- über den Geregelten Markt wird kleinen und mittleren Unternehmen der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert
- Zulassungsvorschriften:
§ Antrag muß nicht mit einem zum Börsenhandel zugelassenen Kreditinstitut erfolgen
§ Dem Zulassungsausschuß muß ein Unternehmensbericht mit Angaben zum Wertpapier, zum Emittenten und dessen wirtschaftliche Lage vorgelegt werden => Haftung entsprechend der Prospekthaftung
§ Jahresabschlüsse müssen nicht veröffentlicht werden
- Kursfeststellung wie im Amtlichen Handel
3.1.3.
Freiverkehr
- Aktien kleiner Regionalunternehmen und junger Unternehmen, aber auch ausländische Aktien werden im Freiverkehr gehandelt
- Zulassungs- und Publizitätsvorschriften existieren kaum
- Preise kommen durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage zusammen
3.1.4.
Neuer
Markt
- am Neuen Markt werden kapitalbedürftige innovative Unternehmen mit großem Wachstumspotential mit risikofreudigen Anlegern zusammengebracht
- Zulassungsanforderungen:
§ Umfassende Politik der Investor Relations, z.B. Veröffentlichung von Jahresabschlüssen oder Informationsgespräche mit Anlegern
§ Zulassungsprospekt
§ Berufung von Betreuern, Designated Sponsors, die den laufenden Handel sicherstellen und den Emittenten bei der Politik der Investor Relations unterstützt
- Preisbildung erfolgt unter der Kontrolle der Designated Sponsors, weshalb die Kurse transparent und marktnah sind
3.1.5.
Xetra
- seit Herbst 1997 ist das elektronische Börsensystem Xetra in Betrieb und hat seitdem dem Parketthandel viel Liquidität abgegraben
-
Handel
vollzieht sich in mehreren Phasen:
§ Vorhandel/Nachhandel: bei geschlossenem Orderbuch können Aufträge eingegeben, geändert oder gelöscht werden
§ Eröffnungs-/Schlußauktion: Ermittlung des Auktionspreises nach Meistausführungsprinzip
§
Fortlaufender
Handel: im offenen Orderbuch werden Aufträge sofort auf Ausführbarkeit
geprüft
3.2.
Die
Terminbörse
Handelsgegenstände der Terminbörse sind Optionen und Futures.
Eine
Option verbrieft das Recht für den Käufer, nicht aber die Pflicht,
und die Pflicht für den Verkäufer, eine bestimmte Anzahl eines
Basiswertes innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder zu einem festgesetzten
Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis (Basispreis) zu kaufen (Call) oder
zu verkaufen (Put). Für das Recht zahlt der Erwerber dem Verkäufer
eine Prämie, den Optionspreis. Optionen können auf Währungen,
auf einzelne umsatzstarke Aktien oder auf gesamte Indizes abgeschlossen
werden.
Bei
einem Future verpflichtet sich der Anleger an einem bestimmten Zeitpunkt
zur Lieferung oder zur Abnahme einer bestimmte Menge eines bestimmten Basiswertes
zu einem fest vereinbarten Preis (Terminpreis). Finanztermingeschäfte
können auf einen Aktienindex, auf Währungen oder Termingeldern
basieren.
3.2.1.
Optionsgeschäfte
am Beispiel einer Aktienoption
3.2.2.
Futures
Auch im Handel mit Futures gibt es Strategien, bei denen die Erwartungen der Käufer bzw. Verkäufer eine Rolle spielen. Jedoch existiert ein wichtiger Unterschied zwischen Options- und Futurehandel: Ein Käufer im Optionshandel hat das Recht Papiere zu kaufen, ein Käufer im Futurehandel die Pflicht die Papiere zu kaufen.
3.3.
Außerbörslicher
Handel
- Telefonverkehr: Abschlüsse kommen über Telefon oder Bildschirm zustande
- Tafelgeschäfte: Wertpapiere werden am Schalter gegen sofortige Zahlung gekauft oder verkauft
4.
Die
Berichterstattung über die Börse und Börsenindizes
Berichterstattung über die Börse
- amtliches Kursblatt
- Medienberichte: Kursdienste (Reuters), Internet, Videotext oder Fernsehprogramme
- Printmedien: Spezialblätter, z.B. die Börsenzeitung oder Kursberichte der Tageszeitungen
Indizes
- DAX (Deutscher Aktienindex):
· Maßgebender Aktienindex in Deutschland, der ein Bild des Gesamtmarktes der Aktien widerspiegeln soll
· Setzt sich aus 30 Standardwerten, sogenannten Blue Chips zusammen, die durch hohe Marktkapitalisierung und hohen Börsenumsatz gezeichnet sind
· Beispiele: Allianz, Daimler-Chrysler, Bayer, Deutsche Bank, Siemens und Metro
- Nemax50:
· Enthält die 50 größte Titel des Neuen Marktes, alle Wertpapiere werden im Neuen-Markt-Index zusammengefaßt
· Repräsentieren ca. 80% der Marktkapitalisierung und des Börsenumsatzes des Neuen Marktes
· Sowohl in- als auch ausländische Aktien sind im Nemax50 enthalten
· Beispiele: Intershop, TelDaFax, Mibolcom, und Consors
- europäisches Börsenbarometer, als eine Gemeinschaftsentwicklung der Deutschen Börse AG, der Schweizer und Pariser Börse sowie Dow Jones
·
Dow
Jones Euro Stoxx50: 50 größten Unternehmen der Teilnehmerländer
an der europäischen Währungsunion
Deutsche Unternehmen sind z.B. Allianz, Deutsche Telekom, Daimler-Chrysler,
Deutsche Bank, Siemens, Bayer, RWE, Metro, Münchner Rück oder
BASF
·
Dow
Jones Stoxx50: 50 Spitzenwerte aus 16 verschiedenen europäischen Börsen
Deutsche Unternehmen: Allianz, Bayer, Daimler-Chrysler, Deutsche Bank,
Deutsche Telekom, Mannesmann, Münchner Rück, Siemens, Veba
II.
Emission
von Aktien
1.
Grundlagen
der Aktienemission
Eine Emission kann aufgrund der Gründung einer AG oder einer Kapitalerhöhung in einer AG erfolgen
Arten der Kapitalerhöhung
- Kapitalerhöhung gegen Einlagen : Verkauf neuer Aktien
- Bedingte Kapitalerhöhung : an verschiedene Bedingungen geknüpft, z.B. Kauf von Optionsanleihen oder Wandelschuldverschreibungen, die den Tausch in Aktien vorsehen
- Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln : Rücklagen werden in Grundkapital umgewandelt, den Aktionären werden im selben Umfang Gratisaktien gewährt
- Genehmigtes Kapital : Erlaubnis innerhalb der nächsten fünf Jahre das Grundkapital zu einem beliebigen Zeitraum in einem bestimmten Rahmen zu erhöhen, z.B. für eine geplante Finanzierung
Bei Kapitalerhöhungen haben die Altaktionäre
ein
gesetzliches Bezugsrecht:
-
-
Ein
Dividendenvorteil macht die junge Aktie gegenüber der alten billiger,
da sie mehr Dividende erhält als ihr rechnerisch zusteht
Ein Dividendennachteil verteuert die junge Aktie gegenüber der
alten, da sie weniger Dividende erhält als ihr zusteht
=> Wert des Bezugsrechts verändert sich dadurch
2.
Platzierung
der Emission
2.1.
Das
Festpreisverfahren
- Bildung des Preises anhand von Branchenvergleichen und Beachtung der aktuellen Marktverhältnisse zwischen Emittenten und Bankenkonsortium
- das Konsortium muß zwischen den hohen Preisvorstellungen des Emittenten und den niedrigen der Anleger vermitteln
- durch Zeichnungsprospekte werden Anleger aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ihre Zeichnungsangebote abzugeben
-
eine
Überzeichnung kommt meistens vor, wenn der Verkaufspreis niedriger
ist, als von den Anlegern erwartet; die Zeichnung wird meist vorzeitig
geschlossen
bei einem Verkaufspreis über den Erwartungen kann es zu Unterbringungsschwierigkeiten
kommen, das Bankenkonsortium muß einen Teil der Emission ins Portefeuille
übernehmen
- in der Zuteilungsphase teilen die Banken ihren Kunden die übernommene Quote zu, wobei alle Angebote meist gleich berücksichtigt werden
2.2.
Das
Bookbuilding-Verfahren
-
Pre-Marketing-Phase:
durch Veranstaltungen bzw. durch Anzeige- und Presseaktionen wird das Interesse
von potenten Anlegern auf die bevorstehende Emission gelenkt
Anleger geben dort unverbindliche Angebote ab, anhand derer eine Preisspanne
für die Zeichnungsangebote ermittelt wird
-
Zeichnungsphase:
nach Bekanntgabe der Preisspanne werden Gebote mit Betrag und Preisvorstellung
werden im zentralen Orderbuch des Konsortialführers gesammelt
nach Abschluß der Zeichnung wird aus den vorliegenden Angeboten
der Emissionspreis ermittelt
- Zuteilungsphase: Konsortialführer kann Vorgaben machen, an wen die Papiere ausgegeben werden, wobei private Anleger meist zu kurz kommen