Kennen Sie das Klima in Ihrem Betrieb?

Sind Sie mit dem Betriebsklima in Ihrem Unternehmen zufrieden? Wie kann man es messen und wie verbessern?

- Sabine Wich -



Im April 2002 wurde in der Marketingabteilung eines Unternehmens der Medizintechnik eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt. Ziel der Befragung war es, das herrschende Betriebsklima, sowie die Arbeitszufriedenheit der ca. 60 dort beschäftigten Mitarbeiter zu erfassen und deren Erfüllungsgrad zu messen. Aus den Ergebnissen der Umfrage sollten dann Verbesserungsmöglichkeiten ermittelt werden. Eines der Hauptziele war die Mitarbeiterbedürfnisse festzustellen, deren Erfüllungsgrad zu prüfen und die daraus resultierenden Zahlen in verschiedene Aspekte der leistungsorientierten Entlohnung einzubringen. Ausgehend von dem modernen Ansatz der Balanced Scorecard (BSC), insbesondere der Mitarbeiterperspektive des BSC-Konzepts, wurden wichtige Aspekte der Motivation von Menschen und dem Einfluss des Betriebsklimas auf die Arbeitszufriedenheit und die Leistung der Mitarbeiter vorgestellt und im Verlauf der Arbeit anhand empirischer Ergebnisse überprüft und evaluiert.

Mit der Balanced Scorecard als Ausgangspunkt, insbesondere der Mitarbeiterperspektive dieses Ansatzes, ist schon gezeigt, wie wichtig heute das Betriebsklima und eine gute Zusammenarbeit innerhalb und außerhalb der Abteilung eingeschätzt wird. Die sogenannten soft facts , deren Messbarkeit nicht immer leicht ist, gewinnen mehr und mehr an Bedeutung. Denn nur ein gesundes und vertrauensvolles Betriebsklima wird den Mitarbeiter auch zu Höchstleistungen für sein Unternehmen antreiben. In dem ausgegebenen Fragebogen konnten die Mitarbeiter sich auf einer Fünfer-Skala von "trifft zu" bis "trifft nicht zu" bzw. "sehr wichtig" bis "unwichtig" zu verschiedenen Aspekten des Betriebsklimas äußern.

Es wurden folgende Teilbereiche im Fragebogen abgedeckt:

Ausgangspunkt der Betriebsklimauntersuchung war die Lern- und Entwicklungsperspektive in der Balanced Scorecard . Der Mitarbeiter ist ein wesentlicher Faktor, von ihm hängt ab, ob die Sollwerte der anderen Perspektiven erreicht werden oder nicht. Kaplan und Norton (1997, S. 121ff) unterscheiden drei wesentliche Voraussetzungen: Kommt es in diesem Bereich zu Engpässen (z. B. zuwenig qualifizierte Mitarbeiter), wird es auch in den anderen Bereichen schwierig, die Vorgaben einzuhalten. Daher dient die Lern- und Entwicklungsperspektive primär als Treiber der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens. Sind die Mitarbeiter im Unternehmen mit ihrer Arbeitssituation zufrieden, wirkt sich dies auch positiv auf Mitarbeitertreue und Mitarbeiterproduktivität aus und umgekehrt. Die von Kaplan und Norton benannten Antriebskräfte ( soft facts ) für Lernen und Wachstum finden sich auch in den Aspekten für ein gutes Betriebsklima wieder und können auch mit Hilfe einer Betriebsklimauntersuchung, wie sie im Rahmen dieser Zulassungsarbeit auch durchgeführt wurde, untersucht werden. Wichtige Bestandteile des Betriebsklimas sind: Die Befriedigung bzw. Nichtbefriedigung dieser Bedürfnisse hat unmittelbaren Einfluss auf die Arbeitsleistung des Mitarbeiters. Auch in der empirischen Untersuchung bei einem Unternehmen der Medizintechnik darf daher die Erfassung der Mitarbeiterbedürfnisse nicht fehlen. Am Anfang des Fragebogens werden verschiedene Motive aufgelistet und dem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben, diese auf einer Skala von "sehr wichtig" bis "unwichtig" zu bewerten. Anhand dieser Frage lässt sich nun eine Rangliste erstellen, was die wichtigsten Faktoren nach Meinung der Mitarbeiter für ein gutes Betriebsklima sind. Aus der Auswertung dieser Frage kann folgende "Top Ten"-Liste der wichtigsten Faktoren für ein gutes Betriebsklima aufgestellt werden:
Rang Motiv/Bedürfnis Wichtigkeit in %
1 Teamgeist 94,7 %
2 Selbständiges Arbeiten 92,1 %
3 Information durch den Vorgesetzten 92,1 %
4 Kooperation mit Kollegen 86,8 %
5 Beteiligung an Entscheidungen 86,8 %
6 Anerkennung durch den Vorgesetzten 81,6 %
7 Kooperation mit anderen Abteilungen 76,3 %
8 Gerechte Aufteilung der Arbeit 65,8 %
9 Gestaltung des Arbeitsplatzes 47,4 %
10 Feste geregelte Arbeitszeiten 10,5 %

Die Umfrage zeigte, dass Bedürfnisse, wie "Teamgeist", "Selbständiges Arbeiten", "Information", "Kooperation", "Entscheidungsbeteiligung" und "Anerkennung durch den Vorgesetzten" an oberster Stelle unter den Mitarbeiterbedürfnissen stehen. Bei jeder Betriebsklimauntersuchung muss sich nun im Folgenden gefragt werden, ob diese Bedürfnisse der Mitarbeiter auch ausreichend erfüllt sind und das Betriebsklima vom Mitarbeiter als positiv eingeschätzt wird. Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung sind in nachfolgender Tabelle noch einmal kurz aufgelistet.

Allgemeine Zufriedenheit Trifft zu Trifft eher zu Teils/teils Trifft kaum zu Trifft nicht zu Keine Angabe
mit dem Informationsaustausch 10,53 42,11 39,47 7,89
mit den Möglichkeiten beruflicher/persönlicher Entwicklung 15,79 31,58 31,58 13,16 7,89
mit Zusammenarbeit mit Führungskräften insgesamt 21,05 34,21 34,21 5,26 5,26
mit Zusammenarbeit mit Kollegen insgesamt n 26,32 52,63 15,79 2,63
Angaben in %

Betrachtet man nun das Gesamtergebnis der Umfrage, so lässt sich zusammenfassen, dass in der befragten Abteilung ein durchaus ausgewogenes Betriebsklima herrscht. Die Mitarbeiter sind sich ihrer Bedürfnisse bewusst und sehen diese auch weitgehend erfüllt. Verbesserungen sind an einigen Stellen sicherlich angebracht und notwendig, um die Mitarbeiter zu motivieren, ihre Leistung und Produktivität zu steigern und die Identifikation mit dem Gesamtbild des Unternehmens zu gewährleisten. Alles in allem zeigt die Umfrage ein positives Bild und eine weitgehende Zufriedenheit unter den Mitarbeitern. Um dieses Bild in einigen Bereichen noch zu verbessern, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Daher sollten die verschiedenen motivierenden Aspekte, die das Konzept der variablen Vergütung mit sich bringt, nicht außer Acht gelassen werden, denn auch dies bietet Ansporn zu mehr Leistung und Arbeitsmotivation. Jede Führungskraft sollte sich ebenfalls der verschiedenen Theorien zur Motivation der Mitarbeiter bewusst sein und diese auch berücksichtigen. Außerdem ist der Ansatz der Führungs- Scorecard vor allem für Verbesserungen im Bereich "Zufriedenheit mit dem Verhalten des Vorgesetzten" hilfreich und bietet Anregungen und neue Aspekte der Führungsaufgabe.

Mit dem Konzept der Führungs- Scorecard steht Managern ein Instrument zur Verfügung, mit dessen Hilfe sich die Führung der Mitarbeiter besser steuern und qualitativ verbessern lässt. Der Bereich der Mitarbeiterführung weist viele Schnittstellen auf. Nicht nur die Wünsche und Ansprüche der Mitarbeiter müssen beachtet werden (Mitarbeiterorientierung), sondern auch der Kunde darf nicht aus den Augen verloren werden (Kundenperspektive). Weiterhin müssen auch Führungskräfte ihre Zielvorgaben erfüllen und den Wünschen der Geschäftsleitung Rechnung tragen. Diese verschiedenen Aspekte unter einen Hut zu bringen wird sicher nicht immer einfach sein. Hier kann die Führungs- Scorecard (FSC) helfen. Denn dadurch gelingt es, sich auf einige wesentliche Kennzahlen zu konzentrieren und diese permanent zu verbessern. Die FSC macht also die soft facts der Mitarbeiterführung messbar und Änderungen im Führungsverhalten nachprüfbar. Nachfolgende Abbildung zeigt die einzelnen Teilbereiche und ihre wesentlichen Kennzahlen. Hauptaugenmerk liegt auch hier wie bei der Balanced Scorecard auf der Mitarbeiterperspektive. Mit den dort genannten Kennzahlen lässt sich wiederum auf Betriebsklima und Motivation der Beschäftigten schließen.

Wie die Balanced Scorecard gliedert sich die FSC auch in vier Bereiche:


Fazit:

Der schwer zu erfassende Bereich der soft facts im Unternehmen wird zunehmend wichtiger, sowohl für den Arbeitnehmer als auch für den Arbeitgeber. Mitarbeiterbefragungen und Betriebsklimauntersuchungen sind in vielen Unternehmen bereits ein fester Bestandteil geworden. Auch in der befragten Abteilung halten über die Hälfte der Befragten solche Untersuchungen für sinnvoll und auch weiterhin angebracht. Die Zahlen dieser Untersuchungen sollten daher nicht einfach beiseite geschoben werden, sondern mit in die anderen Kennzahlen eines Unternehmens eingehen und dort auch ihre entsprechende Wertung finden.

Weiterführende Literatur:

Bühner, Rolf, Deniz Akitürk. 2000. "Die Mitarbeiter mit einer Scorecard führen". Harvard Business Manager 4/2000 , S. 44 – 53.

Kaplan, R.S; D.P. Norton. 1996. The Balanced Sorecard Translating Strategy into Action , Massachusetts.

Rosenstiel, Lutz von. 1983. Betriebsklima geht jeden an! . München: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung.

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